Freitag, 22. Juni 2012

EM 2012 in Polen und der Ukraine - Ein Zwischenbetrachtung

Die Vorrunde ist überstanden, das erste Viertelfinale gespielt - höchste Zeit einmal eine Zwischenbilanz zu ziehen. Was bei dieser EM war unerwartet, lustig, berührend, enttäuschend, ja einfach besonders?


Um mit dem unerwarteten und ein Stück weit auch enttäuschenden anzufangen. Nun, das war sicherlich das Ausscheiden der Niederländer in der Vorrunde. Und dies ja noch nicht einmal knapp, nein wenn man es so drastisch ausdrücken darf, dann sind unsere Nachbarn mit wehenden Fahnen, zwei mageren Törchen und keinem einzigen Punkt untergegangen.

Dabei hatten sie sich vor der EM so viel vorgenommen. Klar, als Vizeweltmeister hat man ja auch den Anspruch mehr zu erreichen, sprich endlich mal einen Titel zu holen. und die individuelle Qualität war ja zweifellos da.  Dabei wurde aber eines scheinbar nicht bedacht. Einen Titel gewinnt nicht die Mannschaft, mit den besten Einzelspielern, einen Titel gewinnt die Mannschaft, die neben Leidenschaft, fußballerischer Klasse und vielleicht auch etwas Glück, eine Einheit bildet.

Das jedoch fehlte dieser Elf, weswegen sie im Grunde schon von vorne herein zum scheitern verurteilt war. Ähnlich wie die Franzosen vor zwei Jahren. Auch da krachte es in allen Mannschaftsteilen, der Trainer war umstritten, und  die Außendarstellung war ebenfalls alles andere als positiv.

Von all dem kann man bei den beiden ausgeschiedenen Gastgeberländern Polen und Ukraine zwar nicht sprechen - trotzdem haben sind sie nicht in die Runde der besten 8 eingezogen. Was schade ist, vor allem im Fall der Ukraine, die es mit etwas Glück und der richtigen Schiedsrichterentscheidung sogar hätte schaffen können. 

Leider, muss man sagen, ist es bekanntermaßen ist es anders gekommen. Weder Schiedsrichter Kassai, noch sein Torrichter haben gesehen, dass der Ball ganz klar über der Linie war. 

Eine krasse Fehlentscheidung - wieder einmal, die die Diskussion um technische Hilfsmittel, die in meinen Augen mittlerweile wirklich unvermeidbar sind, erneut anheizt. 

Warum ich das so sehe? Nun, schon allein weil ich glaube, dass die Schiedsrichter, auf die der Druck immer größer wird, und deren Teams besser geschützt werden müssen. Zudem geht es ja gerade auch in einem so großen Turnier wie einer Europameisterschaft um immens viel, Prestige, Geld, gegebenenfalls Spieler- und Sponsoren-Verträge, oder ganz allgemeine Arbeitsplätze.

Natürlich heißt das nicht, dass jede Schiedsrichterentscheidung infrage gestellt werden soll. Das geht ja auch gar nicht. Mir geht es wirklich um Torentscheidungen, die für den Spielverlauf immens entscheidend sein können. 

Denn seinen wir mal ehrlich - selbst wenn es solche Ereignisse wie das Wembley-Tor in naher Zukunft dank der Technik nicht mehr geben würde, es bliebe trotzdem noch genug, worüber Fußballfans und Experten diskutieren könnten. 

Soweit mein kleiner Exkurs zum Thema "Technische Hilfsmittel". Zurück zur EM. 

Eine weitere Überraschung, diesmal allerdings in positiver Hinsicht, war der Gruppensieg für die Deutsche Nationalmannschaft, die es als einzige geschafft hat mit 9 Punkten ins Viertelfinale einzuziehen. 

Sicher, die Spiele waren teilweise noch nicht so begeisternd wie bei der Weltmeisterschaft in Südafrika vor zwei Jahren, aber trotzdem empfand ich sie bisher als gut. Schon allein, weil man sie sowohl taktisch, als auch von den Grundvoraussetzungen nicht mehr mit denen bei der WM vergleichen kann. 

Damals waren sehr viele Spieler dabei, die noch nie ein großes Turnier gespielt haben. Viele wurden sogar quasi ins "kalte Wasser" geworfen, da es im Vorfeld so viele ungeplante Ausfälle gegeben hatte und der Bundestrainer teilweise umdenken musste. Dementsprechend niedrig war auch die Erwartungshaltung, weswegen die Mannschaft viel befreiter hat aufspielen können. 

All das ist nun aber nicht mehr gegeben. Deutschland ist als einer der Top-Favoriten in das Turnier gegangen. Hinzu kommt, dass die Spieler, die bisher auf dem Platz standen, mittlerweile alle, trotz ihres teilweise noch sehr jungen Alters, als erfahren gelten, weswegen zum Beispiel jeder Fehler, jede Fehlentscheidung viel kritischer beäugt wird. 

Das merkt man ja schon, wenn man sich die Medienlandschaft so betrachtet. 3 Siege in 3 Spielen, 9 Punkte, doch die Begeisterung hält sich in Grenzen. Im Gegenteil, es überwiegt teilweise die Kritik. In diesem Rahmen für mich ganz klar unverständlich und daher finde ich es auch nachvollziehbar, dass Spieler, wie Thomas Müller ihrerseits Kritik äußern und sich etwas mehr Unterstützung wünschen. 

"Unterstützung", dieses Wort ermöglicht die perfekte Überleitung zum bislang emotionalsten Moment dieser Europameisterschaft. Dieser war für mich eindeutig der Gesang der irischen Fans beim Spiel gegen die Spanier. Nur noch einmal zur Erinnerung: Die Iren liegen 0:4 hinten, und die Fans machen Stimmung und singen, als ob es andersherum wäre. Das ist nicht nur absolutes Fair Play, sondern auch menschlich europameisterlich. 

Denn Größe bei einem Sieg zu zeigen ist leicht, aber eine Niederlage trotzdem mit Stolz zu tragen, das ist um ein vielfaches schwieriger.  

Aber nicht nur die Iren haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Auch die Ruhe und den Humor, mit dem die ukrainischen- und französischen Fans die einstündige Unterbrechung aufgrund des Unwetters hingenommen haben, war bemerkenswert. 

So sollte es sein, ein friedliches Fußballfest ohne Ausschreitungen von irgendwelchen Chaoten, wie einem Teil der kroatischen, polnischen, oder russischen  "Fans". 

Fazit: Alles in allem bislang eine schöne EM, mit allem, was dazu gehört - und leider auch ein paar Sachen, die nicht dazu gehören sollten, welche allerdings vor allem im spielerischen Bereich bei allen Mannschaften noch Luft nach oben hat. Denn zu 100 % überragende Spiele hat bislang noch keine Mannschaft geliefert. Noch nicht einmal der Welt- und Europameister Spanien. 

Aber wer weiß, vielleicht schafft dies ja heute die Deutsche Mannschaft gegen die Griechen? Es wäre nicht die schlechteste Gelegenheit. ;)  


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen